Seminarbeschreibung
Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung in Projekt.EINS 2025 steht der Raum innerhalb der Technischen Universität Darmstadt. Universitäre Räume werden im Hinblick auf ihre Dimension, Funktion, Erfahrung, Beschaffenheit, Geräusche, Sprache und Benutzung erkundet sowie interpretiert. Ziel ist die Wahrnehmung von Räumen aus unterschiedlichen, disziplinären Perspektiven herzustellen und zu reflektieren. Dabei werden Erkenntnisse und Darstellungsmethoden der verschiedenen Disziplinen (Human- Sprach- Physik-Architektur) erprobt und kombiniert. Die Performance und ihre filmische Aufzeichnung soll abschließend als Darstellungsmittel verwendet werden, um die jeweiligen gewonnen räumlichen Erkenntnisse sichtbar und erfahrbar zu machen.
Aus humanwissenschaftlicher Perspektive ist dabei die Beziehung zwischen Körper und Raum interessant. Räume wirken auf Körper, und Körper wirken auf Räume, so könnte die wechselseitige Beziehung zwischen Körper und Raum zusammengefasst werden.
So verweist etwa der Ausdruck ‚Raum als dritte Haut‘ (Schurian 2006), der von der Haut als erster und der Kleidung als zweiter Haut ausgeht, auf die enge Verbindung zwischen Körper und Raum und betont das körperliche Erleben von Räumen: der Raum als ein synästhetisches Gebilde, das mit allen Sinnen wahrgenommen wird. Gottfried Semper hat bereits in seiner so genannten „Bekleidungstheorie“ aus den 1850er Jahren die textile Hülle als Urform der Architektur bezeichnet, womit er zugleich die Assoziationsreihe Stoff – Körper – Architektur eröffnet. Mit dem spatial turn der 1980er Jahre wandelt sich das Verständnis von Raum grundlegend: Er wird nicht mehr als gegebener ‚Container‘ betrachtet, sondern als eine Dimension, die durch körperliche Praktiken hergestellt und genutzt wird. Räume formen und begrenzen die Bewegungen und Wahrnehmungen des Körpers, während der Körper durch seine Präsenz und Nutzung die Bedeutung und Funktion von Räumen prägt. Räume formen individuelle und kollektive Empfindungen und werden zum Schauplatz historischer und kultureller Ereignisse, die unser soziales Verhalten bestimmen.
Wenn wir etwa in eine Bibliothek oder ein Museum gehen, wissen wir, dass wir uns leise verhalten sollten. Spezifische Räume ‚erfordern‘ ein spezifisches, dem jeweiligen Raum angepasstes Verhalten. Gleichzeitig können diese Normen durch körperliche Interventionen irritiert werden. Etwa, wenn Protestbewegungen den öffentlichen Raum einnehmen, um gesellschaftliche Ordnungen herauszufordern. Gerade die Performance als künstlerische Inszenierungsform eignet sich in besonderer Weise, um die Körper-Raum Beziehung zu untersuchen. So fragt die Künstlerin Fina Miralles in ihrer 1974 realisierten Performance Imatges del Zoo – Bilder des Zoos – kritisch nach dem Raum, den Frauen während der Franco Diktatur in Spanien einnehmen können.
Neben einer inhaltlichen Bearbeitung des festgelegten Themenschwerpunktes gibt das Projekt.EINS Einblicke in interdisziplinäre Arbeits- und Handlungsweisen der beteiligten Disziplinen Architektur, Sprachwissenschaften sowie Physik und stärkt so auch die Methoden des 'eigenen' Fachs. Ebenso sollen soziale Handlungskompetenzen, wie etwa Teamfähigkeit, Kommunikations- und Präsentationsfähigkeit sowie Konfliktfähigkeit, gefestigt werden.