Seminarbeschreibung
Im Rahmen des interdisziplinären Projekt.EINS' wird sich das Seminar mit dem zukünftigen Acker.Campus des Fachbereichs Biologie befassen. In interdisziplinären Projektteams werden wir uns dazu mit der Figur der Vogelscheuche auseinandersetzen und sie in Zusammenarbeit mit den beteiligten Fachgebieten auf ihre kulturellen, ästhetischen und materiellen Aspekte hin untersuchen. Ziel des Projekts ist es, eigene Vogelscheuchen für den Acker zu entwerfen und zu realisieren.
Aus humanwissenschaftlicher Perspektive kann die Vogelscheuche als Stellvertreterin des Menschen verstanden werden, die eine Differenz zwischen einem ‘menschengemachten’ und einem ‘wilden’ Raum markiert. In der brachliegenden Fläche des Campus-Ackers fungiert sie als Auftakt, als sichtbares Zeichen von Abgrenzung, um ‘unberührte’ Natur nach menschlichen Vorgaben zu formen. Diese Einteilung verweist aus humanwissenschaftlicher Perspektive auf einen Diskurs, der eine Trennung von Kultur und Natur proklamiert. Die Humanwissenschaften möchten mit Hilfe von postkolonialen Perspektiven auf Bildung, Identität, Körper und Raum mit der Metapher der Vogelscheuche die Beziehung zwischen Mensch und Natur in den Mittelpunkt stellen. Kreative Gestaltungsmöglichkeiten sollen dabei als Instrument dienen, um tradierte Konstruktionsprozesse und Ausgrenzungsmechanismen aufzubrechen und benannte Beziehung neu zu denken. Dabei soll auch der Blick auf das Widerständige gerichtet werden: Zunächst als fremd und scheuchend wahrgenommen, verändert sich die Funktion und Bedeutung der Vogelscheuche mit der Zeit gleichsam zum Vogelfänger: so wird sie auch zum Teil der Natur, verschmilzt mit ihr, und lockt Tier und Mensch. Locken und Scheuchen soll an Beispielen aus Kunst- und Kulturgeschichte herausgearbeitet werden, um zu fragen, wie diese Bilder in gesellschaftliche Macht- und Herrschaftsverhältnissen verwoben sind und den Blick auf mögliche Potenziale von widerständigen Gestaltungspraxen zu richten.
Neben einer inhaltlichen Bearbeitung des festgelegten Themenschwerpunktes gibt das Projekt.EINS Einblicke in interdisziplinäre Arbeits- und Handlungsweisen der beteiligten Disziplinen Architektur, Sprachwissenschaften sowie Physik und stärkt so auch die Methoden des 'eigenen' Fachs. Ebenso sollen soziale Handlungskompetenzen, wie etwa Teamfähigkeit, Kommunikations- und Präsentationsfähigkeit sowie Konfliktfähigkeit, gefestigt werden.