Migration im Friseurhandwerk
Fachtagung Körperpflege, 22. Hochschultage Berufliche Bildung Universität Bamberg

Migration im Friseurhandwerk

„Zehntausende von Friseur:innen haben keine Qualifikationen, wenn es um das Schneiden und Stylen von Afro Haaren geht. Unser Ziel ist es, dass sich jeder in der Schönheitsindustrie gesehen, gehört und geschätzt fühlt." (Helena Grzesk, British Beauty Council) 

Die Relevanz von Migration im Friseurhandwerk zeigt sich nicht nur in Konzepten für den beruflichen Einstieg für Menschen mit Migrationsgeschichte, sondern auch in den immer heterogener werdenden Bedürfnissen einer diversen Gemeinschaft. Eine diversere durch Migration geprägte Gesellschaft verändert auch Schönheitskonzepte und Schönheitshandeln. Migration wird so zum Schlüsselelement von Schönheitspraktiken, um den Anforderungen der Kund:innen gerecht zu werden und diese erfüllen zu können. Angehende Friseur:innen erwerben in der Berufsausbildung bisher keine Kompetenzen und Techniken zur Behandlung unterschiedlicher Haarstrukturen. Dadurch ist es notwendig, das Spektrum im Friseurhandwerk zu erweitern. Dies bedeutet auch diese Techniken in das Curriculum der Berufsausbildung aufzunehmen, zu lehren und zu erlernen. Afro-Haare sind ein Beispiel für diese Vielfältigkeit, aber auch unterschiedliche Schönheits- und Körpervorstellungen und damit einhergehende Praktiken der Be- und Enthaarung. Durch eine solche Diversifizierung der Gesellschaft werden auch etablierte Begrifflichkeiten und Kategorisierungen im Kontext von Körper- und Schönheitsvorstellungen in Frage gestellt: nicht nur Geschlechterzuweisungen (etwa Einteilungen wie Damen- und Herrenhaarschnitt) werden hinterfragt, sondern auch Typologien, die Haarstrukturen und -farben geographisch ordnen. Die Vielfalt der ästhetischen Gestaltungsmöglichkeiten ermöglichen neue Formen der Selbstbestimmung, des Empowerments.

Darüber hinaus steht Friseurhandwerk vor der grundlegenden Aufgabe, betriebliche Strukturen zu flexibilisieren und Zugänge zu ermöglichen. Zudem verändert insbesondere die Berufswahl junger Männer, die beispielsweise aus muslimisch geprägten Ländern migriert sind, ein bisher von Frauen dominiertes Berufsfeld. Bereits in der Ausbildung trifft vielfältige Schüler:innenschaft mit unterschiedlichen Migrationsgeschichten auf curricular gesetzte Schönheitskonzepte und -praktiken in der Berufsausbildung. Diversität und Kulturalität finden darin kaum Berücksichtigung, was nicht zuletzt die Identifizierung der Schüler:innen mit den beruflichen Inhalten erschweren kann.

Auf der Fachtagung soll diskutiert werden, wie sich Schönheitshandeln und Körpervorstellungen verändern, neue Ästhetiken entstehen und tradierte Vorstellung und die damit einhergehenden Techniken gebrochen und neu konzipiert werden. Gemeinsam mit unterschiedlichen Akteur:innen wollen wir folgende Fragen erörtern:

Welche Menschen werden im Kontext von Migration sichtbar? Und wie werden diese medial inszeniert? Welche Potentiale finden sich in den Überschneidungen der Ästhetiken von Kunst und Mode? Wie kann Kunst dazu beitragen andere Perspektiven anzuerkennen? Wie kann ‚Diversity' als theoretische Grundlage diskutiert werden und so dazu beitragen etablierte Seh- und Denkgewohnheiten kritisch zu hinterfragen? Wie können Ausbildungsinhalte gestaltet werden, um Migrationsaspekte in ihrer Verschiedenheit in der Körperpflege zu integrieren?

Montag, 20. März 2023

12:00 Prof. Dr. Alexandra Karentzos, Sylvia Weyrauch, OStRin & Rhea Dehn Tutosaus,M.A. [Mode & Ästhetik, TU Darmstadt]
Begrüßung der Organisatorinnen
12:15 Peter Laux & Jesús Rodríguez [KAO]
Coily Haar – Herausforderung und Chance
13:00 Prof. Dr. Ursula Walkenhorst [Universität Osnabrück]
Qualifikationsmix als Chance und Herausforderung im Handlungsfeld der Körperpflege
13:45 Prof. Dr. Caroline Schmitt [Universität Klagenfurt]
‚Ich musste lange kämpfen'. Unternehmerische Wege von Afro Hair Salonbetreibenden als Bildungspotential für das Frisierhandwerk
14:30 Beatrace Angut Oola [Fashion Africa Now] & Dr. Cornelia Lund [HfK Bremen/fluctuating images]
‚Connecting Afro Futures. Fashion x Hair x Design' – kritische Reflexionen
15:00 Abschlusspanel