Kleidung verfügt über eine besondere Wirkmacht. Sie spiegelt Identitäten wider und vermittelt Betrachtern Informationen über Geschlecht, Alter, sozialen Status und kulturelle Zugehörigkeit. Kleidungsstücke aus verschiedenen Kulturen werden mit ganz unterschiedlichen Bedeutungen versehen, die einem steten Wandel unterliegen. Der Blick auf diese Veränderungen gibt Aufschluss über aktuell zugrunde liegende kulturelle Werte und Assoziationen. Mode wird so zu einem Schlüssel, um zu verstehen, wie Zugehörigkeitsbilder verhandelt und neu geformt werden. Gleichzeitig besitzt sie das Potenzial, globale Narrative über kulturelle Identitäten zu transformieren.
In den letzten Jahren wurde die Wichtigkeit von Mode im Hinblick auf kulturelle und nationale Identität angezweifelt, da die Grenzen zwischen Kulturen durch Globalisierung und Migration zunehmend verschwammen. In einer Zeit verstärkter kultureller Grenzziehungen und von Versuchen, Migration zu begrenzen, stellt sich nun jedoch die Frage, ob rechtspopulistische Strömungen hier für eine Rückentwicklung sorgen. Vor diesem Hintergrund ist es entscheidend zu verstehen, welche Rolle Mode bei der Konstruktion und Dekonstruktion beider Ebenen, also von kultureller und nationaler Identität, spielt. Das Projekt untersucht diese Thematik am Beispiel afrikanischer und japanischer Mode, die als paradigmatische Fälle kultureller Selbstverortung und Fremdwahrnehmung gelten.
Die Arbeit verbindet visuelle Analysen von Modekollektionen und Museumsexponaten mit der Auswertung wissenschaftlicher Literatur, Presseberichterstattung und Social-Media-Inhalten. Dabei werden Designer:innen untersucht, die in ihrer Arbeit gezielt mit kulturellen Codes spielen – sei es, um koloniale Vorstellungen zu dekonstruieren, kulturelle Traditionen neu zu interpretieren oder globale Stilformen mit lokalen Identitäten zu verweben.
Untersucht werden die Mechanismen, mit denen Mode kulturelle und nationale Zugehörigkeit konstruiert und infrage stellt. Die Forschung soll dazu beitragen, den Einfluss globaler Modeprozesse auf nationale und kulturelle Identitäten zu analysieren und neue Perspektiven auf kulturelle Aneignung und Hybridisierung zu liefern. Das Dissertationsthema bezieht sich damit auf das grundlegende Konzept von Kultur sowie auf die politische und gesellschaftliche Relevanz von Mode im 21. Jahrhundert.